Neue Ermittlungsergebnisse im Fall des Todespflegers von Delmenhorst

Bereits im Februar 2015 war der ehemalige Krankenpfleger wegen Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Nun sollen ihm jedoch mehr Patienten zum Opfer gefallen sein, als damals vermutet. Im Krankenhaus im Delmenhorst soll er Dutzende Patienten getötet haben. Um wie viele Opfer es sich handelt ist noch unklar. Es könnte sein, dass es sich um die schlimmste Mordserie der Nachkriegszeit handelt.

Bis zu 200 Todesfälle werden untersucht

Zunächst konnten dem 39-jährigen nur sechs Opfer zugeordnet werden. Mittlerweile umfassen die Ermittlungen umfassen jedoch bis zu 200 Fälle. Dutzende mögliche Opfer wurden bereits exhumiert.

In 27 Fällen konnte das verschreibungspflichtiges Herzmedikament Gilurytmal bisher nachgewiesen werden, welches bei den Patienten zu Tod geführt hatte. Nun ist klar, dass mindestens 33 Menschen in Delmenhorst durch den ehemaligen Krankenpfleger starben.

Aber auch in einer Klinik in Oldenburg, in welcher der Krankenpfleger zuvor bis 2002 tätig war, soll er getötet haben. In 6 Fällen gibt es dort einen dringenden Tatverdacht. Vier Patienten davon sollen eine Kaliumvergiftung erlitten haben. Im Zuge der Ermittlungen werden nun hunderte Oldenburger Krankenakten untersucht.

Hätte der Täter nicht früher gestoppt werden können?

Bisher kann noch nicht abgeschätzt werden, wie viele Patienten dem ehemaligen Krankenpfleger tatsächlich zum Opfer wurden. Da kommt die Frage auf, ob der Krankenpfleger nicht hätte früher gestoppt werden können.

Die Polizei soll bereits 2006 eine Statistik zum Klinikum Delmenhorst erstellt haben. Dabei soll aufgefallen sein, dass sich die Zahl der Sterbefälle fast verdoppelt hatte, der Verbrauch von Gilurytmal sich versiebenfacht hatte. Auch soll bereits in Oldenburg bekannt gewesen sein, dass der Krankenpfleger unter Angstzuständen und Depressionen litt und auch regelmäßig trank.

Kollegen beschreiben ihn als unheimlich und es fiel auf, dass er häufig dort war, wo ein Patient wiederbelebt werden musste. 2001 soll es die erste interne Untersuchung im Oldenburger Krankenhaus gegeben haben. Offenbar wird nichts gefunden. Trotzdem will man ihn dort loswerden. Er wird sofort freigestellt, erhält aber Gehalt für drei weitere Monate und ein gutes Arbeitszeugnis.

Aber auch als er dann auf der Intensivstation in Delmenhorst anfing, soll es ihm nicht besser gegangen sein. Er nahm Medikamente gegen Schlafstörungen und Angstzustände. Besonders gut ging es ihm jedoch, wenn er für seine Fähigkeiten bei den Reanimationen gelobt wird. Es wird vermutet, dass es genau diese Anerkennung war, die ihn zu den Taten bewegte. So soll es ihm vor allem darum gegangen sein, die Patienten in reanimationspflichtige Zustände zu bringen, um dann im Rahmen der Wiederbelebung seine Fähigkeiten demonstrieren zu können.

Die Prozesse

Der Krankenpfleger war 2005 zum ersten Mal festgenommen worden, als Kollegen in Delmenhorst Verdacht geschöpft hatten. 2006 erging ein Urteil wegen versuchten Totschlags zu fünf Jahren Haft. Während der Haftzeit folgte eine Anklage wegen zweifachen Mordes und dreifachen versuchten Mordes zwischen 2003 und 2005 im Krankenhaus Delmenhorst.

Wegen dieser Taten wurde er 2015 zu lebenslanger Haft verurteilt. Während der Verhandlungen gestand der Krankenpfleger jedoch in Delmenhorst 90 Patienten Gilurytmal injiziert zu haben. Damit war klar, dass es weitere Ermittlungen und einen neuen Prozess geben würde.

Ermittler stehen vor Herausforderung

Zur Aufklärung der Taten wurde eine Sonderkommission eingesetzt, die ihre Arbeit diesen Sommer abschließen will. Dabei stehen die Ermittlungen vor verschiedenen Hindernissen. Zum einen sind etliche Patienten, die der Krankenpfleger betreute, eingeäschert worden. Zum anderen ist der Wirkstoff Ajmalin im Falle eines Überlebens, schon nach einem Tag nicht mehr nachweisbar.